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07.02.2025: Bundestagswahl 2025 – Unsere Forderungen und die Positionen der Parteien

In diesem Jahr haben sich die demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag auf ein neues, einheitliches Verfahren zur Beantwortung von Wahlprüfsteinen geeinigt. Dadurch werden die Wahlprüfsteine der Deutsch-Taiwanischen Gesellschaft (DTG) aus Zeitgründen nicht separat beantwortet. Dennoch bleibt es unser Ziel, den Wählerinnen und Wählern einen Überblick über unsere zentralen Anliegen im Hinblick auf die deutsch-taiwanischen Beziehungen zu geben – insbesondere, da Taiwan 2021 erstmals in einem Koalitionsvertrag Erwähnung gefunden hat und wir diese Entwicklung weiter stärken möchten.

Bereits vor der letzten Wahl und im Verlauf der Koalitionsverhandlungen hat sich die DTG für den Ausbau der Beziehungen zu Taiwan eingesetzt. Auch dieses Mal haben wir die Parteien frühzeitig auf unsere Forderungen hingewiesen. Wir begrüßen es, dass Taiwan in mehreren Wahlprogrammen erneut berücksichtigt wird und hoffen, dass die deutsche Politik hinter diesen Fortschritten nicht zurückbleibt.

Positionen der Deutsch-Taiwanischen Gesellschaft

  • Internationale Partizipation: Unterstützung eines Beobachterstatus und einer sinnvollen Einbindung Taiwans in internationale Organisationen wie WHO, UNFCCC, ICAO und Interpol.
  • Einreisepolitik: Anpassung der deutschen Einreisebeschränkungen für taiwanische Politikerinnen und Politiker an die europäische Praxis und zeitgemäße Regelungen.
  • Parlamentariergruppe: Unterstützung der Einrichtung einer „Deutsch-Taiwanischen Parlamentariergruppe“ im Deutschen Bundestag.
  • Handelsabkommen: Aufnahme von Verhandlungen der EU über ein Handelsabkommen mit Taiwan, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu stärken.
  • Wirtschaftliche Zusammenarbeit: Vertiefung gemeinsamer Projekte in der Halbleiterindustrie sowie im Bereich Klimaneutralität.
  • Sicherheitspolitische Zusammenarbeit: Ausbau der sicherheitspolitischen Kooperation mit Taiwan als Wertepartner Deutschlands angesichts geopolitischer Spannungen.
  • Cybersicherheit: Intensivierung des Austauschs mit Taiwan im Bereich Cybersicherheit und Bekämpfung von Desinformation.
  • Kultureller Austausch: Sicherstellung und Ausbau von Fördermitteln für den kulturellen Austausch zwischen Taiwan und Deutschland.

Positionen der Parteien in den Wahlprogrammen

Im Folgenden stellen wir die zentralen Passagen der Wahlprogramme vor, die sich mit Taiwan und China befassen.

SPD:

„Peking ist kein einfacher Partner. Die SPD unterstützt die Umsetzung der ersten deutschen China-Strategie und setzt sich für eine europäisch abgestimmte China-Politik ein. In der EU definieren wir China als Partner, Wettbewerber und Systemrivalen. Die Volksrepublik ist zu einer führenden globalen Gestaltungsmacht aufgestiegen, ohne deren Mitwirkung globale Herausforderungen wie der Klimawandel, Fragen der Rüstungskontrolle und der Nichtverbreitung von Atomwaffen sowie die Verschuldungskrise in Ländern des Globalen Südens nicht zu lösen sind. Nach außen tritt China immer selbstbewusster und auch aggressiver auf. Etwa indem es seine Machtansprüche in seiner Nachbarschaft immer wieder deutlich macht. Auch distanziert sich China nicht ausreichend von Russlands völkerrechtswidrigem Krieg gegen die Ukraine. Vielmehr hat China seine Unterstützung für Russland ausgebaut. Das betrifft die europäische Sicherheit. Wir sehen das kritisch. Der Aufstieg Chinas bedarf einer besonnenen und gemeinsamen europäischen Chinapolitik. Europa muss seine geopolitische Macht nutzen und mit einer europäischen Stimme für seine Interessen und Werte sprechen. Gleichzeitig müssen wir in kritischen Bereichen wirtschaftlich unabhängiger werden (De-Risking). Wir bekennen uns weiterhin zur Ein-China-Politik und sind der Überzeugung, dass die Taiwan-Frage nur einvernehmlich in einem friedlichen Verfahren geklärt werden kann. Ob Menschenrechte, wettbewerbsverzerrende Industriepolitik oder Russlandpolitik: Wir bleiben mit Peking in einem robusten Dialog, in dem wir auch kontroverse Themen offen diskutieren.“

Bündnis90/Die Grünen:

China versucht zunehmend aggressiv, das internationale System nach seinen Interessen umzubauen und den militärischen Druck in der Straße von Taiwan zu erhöhen. Für uns ist China systemischer Rivale, Wettbewerber und Partner, doch die Rivalität rückt immer mehr in den Fokus Pekings. Mit der ersten China- Strategie der Bundesregierung haben wir begonnen, die jahrelange Naivität in der deutschen China-Politik zu beenden – diese gilt es nun konsequent gemeinsam mit unseren europäischen Partnern umzusetzen und weiterzuentwickeln. Dazu zählt auch das sogenannte De-Risking: Wir wollen einseitige und risikoreiche Abhängigkeiten von China abbauen und unsere Handelsbeziehungen breiter aufstellen, um wirtschaftliche Stabilität und politische Handlungsfreiheit langfristig zu gewährleisten. Wir stärken unsere Zusammenarbeit mit Partnerstaaten im Indopazifik, insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Handel, Klima, Wissenschaft und Technologie. Im Rahmen der Ein-China-Politik betrachten wir Taiwan als wichtigen demokratischen Wertepartner und wollen den Austausch intensivieren. Eine Änderung des Status quo in der Taiwan-Straße darf nicht gegen den Willen Taiwans erfolgen.

FDP:

Beziehungen zu China anpassen – für weniger Abhängigkeiten und mehr Unterstützung Taiwans
Unsere Beziehungen mit China sind durch Chinas autokratischeres Agieren und aggressives internationales Auftreten belastet. Unter Xi Jinping hat es sich zu einem systemischen Rivalen entwickelt. Das erfordert eine Anpassung der deutschen und europäischen China-Politik. Wir Freie Demokraten wollen unsere Wirtschaftsbeziehungen mit China, so weit wie sinnvoll, beibehalten. Gleichzeitig müssen wir wirtschaftliche Abhängigkeiten identifizieren und reduzieren. Daher fordern wir ein „de-risking“ bei Importen aus China in sicherheitsrelevanten Bereichen und in Schlüsselbereichen der Wirtschaft ein. Kritische Infrastruktur muss wirksam vor chinesischer Einflussnahme geschützt werden.
Für uns ist klar, dass wir gleichzeitig gute Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen müssen. Hierzu gehören neue Handelsabkommen mit anderen Partnern und ein strategisches Auftreten der EU gegenüber der subventionierten Überproduktion der chinesischen Wirtschaft. Wir fordern, der Schwemme illegaler Billigprodukte aus China europaweit den Kampf anzusagen und setzen uns für eine harte Durchsetzung geltenden Rechts, wie dem Digital Services Act, aber auch mit einer besseren Koordinierung von Marktüberwachsungs- und Zollbehörden in Europa und Deutschland ein. Wir Freie Demokraten unterstützen zielgerichtete EU-Sanktionen gegen chinesische Offizielle, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Wir unterstützen die demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung in Taiwan und befürworten Taiwans Einbindung in internationale Organisationen, soweit dies unterhalb der Schwelle einer staatlichen Anerkennung erfolgen kann. Wir wollen die bilaterale wirtschaftliche Kooperation ausweiten und setzen uns auf europäischer Ebene deshalb für ein freihandelsähnliches Abkommen mit Taiwan an. Auf europäischer Ebene wollen wir ebenfalls, dass zeitnah Gespräche über ein Investitionsabkommen mit Taiwan aufgenommen werden. Zudem wollen wir gemeinsam mit den Ländern im Indo-Pazifik die globalen Zukunftsaufgaben angehen.

CDU/CSU:

Präsenz im Indo-Pazifik ausbauen, Systemkonkurrenz zu China annehmen
China positioniert sich immer schärfer gegen die freiheitlichen Demokratien und agiert zunehmend expansiv in seiner Nachbarschaft und weit darüber hinaus. Es arbeitet im globalen Maßstab daran, wirtschaftliche, finanzielle und politische Abhängigkeiten zu schaffen.

  • China selbstbewusst begegnen. Mit unseren Partnern wollen wir den Einfluss Chinas zurückdrängen, wo immer unsere strategischen Interessen berührt sind. Wir setzen auf eine eigenständige europäische China-Politik, die eng mit den USA abgestimmt ist.
  • Mehr Engagement in der Region. Wir vertiefen unsere Beziehungen zu regionalen Kooperations- und Wertepartnern wie Japan, Indien, Südkorea, Australien und Neuseeland.
  • „De-Risking“, aber richtig. Wir wollen an engen Wirtschaftsbeziehungen zu China festhalten, sofern sie auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhen. Zugleich werden wir kritische wirtschaftliche Abhängigkeiten verringern, etwa durch die stärkere Diversifizierung von Absatzmärkten, Rohstoffquellen und Lieferketten sowie den Schutz kritischer Infrastruktur und sicherheitsrelevanter Technologie.

Die Linke:

Es gibt zahllose Konflikte in der Welt, die sich zu einem System von Weltneuordnungskriegen zusammenfügen Die alten Großmächte USA, EU und Japan mischen in diesen Auseinandersetzungen massiv politisch und militärisch mit Die neuen globalen Player China und Russland, auch Indien, agieren darin mit eigenen imperialen Interessen. Die Gefahr neuer Kriege wächst kontinuierlich.
[…]
Für den Russland-Ukraine-Krieg heißt das, dass wir eng an der Seite der Menschen in der Ukraine und Russlands stehen und uns für massive humanitäre Hilfe ebenso einsetzen wie für diplomatische Initiativen für einen Waffenstillstand. […] Wir fordern einen Strategiewechsel: Statt immer mehr Waffenlieferungen braucht es endlich eine gemeinsame Initiative der Bundesregierung und der EU mit China, Brasilien und anderen Staaten des Globalen Südens, um Russland und die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bringen.
[…]
Eine EU, die nicht mehr Teil der Blockkonfrontation ist, sondern im UN-System glaubwürdig und ohne Doppelstandards für einen Interessenausgleich eintritt, würde auf zivilem Weg ihr politisches Gewicht deutlich erhöhen, um endlich einen Friedensprozess für die Ukraine zu ermöglichen, muss die Bundesregierung Friedensinitiativen wie die von China und Brasilien endlich aufgreifen und sich aktiv für eine gemeinsame diplomatische Verhandlungsoffensive einsetzen, unterstützt durch gezielte Sanktionen, die nicht gegen die allgemeine Bevölkerung gerichtet sind.
[…]
Politische Konfliktlösung erfordert Deeskalation und ein Ende des Rüstungswettlaufs Sie ist Voraussetzung für die Perspektive einer gemeinsamen Sicherheitsarchitektur unter Einbezug von China, Indien und Russland.

BSW:

Die Europäische Union scheint aktuell unfähig, europäische Interessen zu vertreten. Russland wehrt sich gegen westliche Militäreinrichtungen in seiner Peripherie. China ringt als aufstrebende Wirtschaftsmacht um globalen Einfluss und führt das zunehmend selbstbewusste BRICS-Bündnis an, dem sich immer mehr Länder anschließen. Über ein Drittel der globalen Industrieproduktion kommt heute aus China. Der Kampf um Einflusszonen, um Rohstoffe und Absatzmärkte wird von allen Seiten mit ökonomischen, geheimdienstlichen, aber zunehmend auch mit militärischen Mitteln geführt. Noch sind es vor allem Stellvertreter-Kriege, über die die Auseinandersetzung ausgetragen wird. Aber die Gefahr einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Atommächten ist so groß wie vielleicht noch nie in der Geschichte der Menschheit.
[…]
Ob Trump sein Versprechen wahr macht, den Ukraine-Krieg schnell zu beenden, lässt sich derzeit nicht sagen. Auf jeden Fall sollten Deutschland und Europa sich darauf nicht verlassen, sondern eigene Friedensinitiativen ergreifen.
– Wir fordern ehrliche Bemühungen um einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen. Die künftige deutsche Regierung sollte die diplomatischen Bemühungen Chinas und der Länder des globalen Südens unterstützen und alles dafür tun, Verhandlungen über einen realistischen Friedensplan auf den Weg zu bringen.
[…]
China hat seine digitale Souveränität gegenüber den Vereinigten Staaten in den zurückliegenden Jahren erreicht, Europa ist bis heute eine digitale Kolonie.
[…]
Deutschland hat daher ein elementares wirtschaftliches Interesse, sich an den von Washington im Interesse der US-Wirtschaft vorangetriebenen Wirtschaftssanktionen nicht zu beteiligen. Dies gilt im Besonderen für den sich anbahnenden Handelskonflikt mit China, welcher für die deutsche Wirtschaft weitreichende Folgen haben wird.
– Wir wollen fairen Handel in einer multipolaren Welt und keine neue Blockkonfrontation.
[…]
Die großen Digitalkonzerne haben sich zunächst in den USA formiert. China hat sich danach darauf konzentriert, eine eigenständige digitale Infrastruktur aufzubauen. In beiden Fällen geht es um die Generierung und Auswertung von Daten, gekoppelt an lukrative Geschäftsmodelle, aber auch um den Zugang von Staat und Geheimdiensten zu diesen Daten.